Bild von Sibylle Zavala während eines Vortrags.
#Interview
Nachhaltigkeitsstrategie

4 Fragen an… Sibylle Zavala zum Thema Klimarisikoanalyse

Infos zum Beitrag

Autor:in
Christina Schäferkord, Sibylle Zavala
Beitrag vom
17.11.2025
Aktualisiert am
17.11.2025
Lesedauer ungefähr
Minuten
Beitrag teilen

„Klimarisikoanalysen entwickeln sich jedoch zunehmend zu einem strategischen Steuerungsinstrument, weil sie zeigen, wo Geschäftsmodelle, Standorte oder Lieferketten verwundbar sind.“

Im Rahmen unseres Fokusmonats „Chancen durch Klimarisikoanalyse“ haben wir mit Sibylle Zavala gesprochen. Sie und ihr Team begleiten Unternehmen dabei, Klimarisiken systematisch zu erfassen, zu bewerten und in strategische Entscheidungen zu überführen – mit dem Ziel, Resilienz aufzubauen und Zukunftsfähigkeit zu sichern.

Im Interview erklärt sie, worauf es bei der Klimarisikoanalyse wirklich ankommt, welche Herausforderungen Unternehmen dabei typischerweise begegnen und wie sich Chancen und Risiken nicht nur identifizieren, sondern auch strategisch nutzen lassen.

Was sind aus deiner Sicht die größten Herausforderungen bei der Durchführung einer Klimarisikoanalyse in Unternehmen – insbesondere im Mittelstand?

Eine der größten Herausforderungen ist, dass viele Unternehmen zwar Klimarisiken wichtig finden, aber nicht genau wissen, wie sie praktisch starten sollen. Es fehlt weniger am Willen, sondern an konkreten Einstiegspunkten, Verantwortlichkeiten und praxistauglichen Methoden.

Gleichzeitig sind Datengrundlagen sowie Zeit knapp, und regulatorische Anforderungen wie die CSRD wirken komplex und abstrakt. Hinzu kommt, dass Klimarisiken oft nicht als klassische Unternehmensrisiken wahrgenommen werden und deshalb selten in bestehende Risikomanagement- oder Entscheidungsprozesse integriert sind.

Und schließlich gibt es die kommunikative Hürde: Häufig fehlt eine klare Übersetzung der Analyseergebnisse in die Unternehmenssprache – also in Form von konkreten Auswirkungen auf Standorte und Prozesse. Ohne diesen Bezug zum unternehmerischen Alltag bleibt das Thema theoretisch und findet intern wenig Anknüpfung.

Wie lassen sich physische und transitorische Klimarisiken konkret identifizieren und bewerten – und welche Methoden oder Tools empfehlen Sie dafür?

Um physische und transitorische Klimarisiken konkret zu identifizieren und zu bewerten, empfehle ich eine strukturierte Vorgehensweise – etwa anhand der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD)-Methodik oder der ISO-Normen 14090 und 14091.

Physische Risiken entstehen durch direkte Klimafolgen wie Hitze, Starkregen oder Stürme; transitorische durch politische, wirtschaftliche und technologische Veränderungen – zum Beispiel neue Regulierungen, CO₂-Bepreisung oder veränderte Kaufentscheidungen der Kunden.

In der Praxis hat sich ein schrittweises Vorgehen bewährt: Zuerst qualitative Einschätzungen mit Fachbereichen, dann Bewertung nach Eintrittswahrscheinlichkeit und möglichem Schaden.

Im Rahmen der Szenarioanalyse werden verschiedene Zukunftsszenarien durchgespielt, um je nach klimatischen Bedingungen relevante Risiken zu erkennen. Darauf aufbauend wird die Resilienz geprüft, d. h., es werden alle Maßnahmen gesammelt, die bereits umgesetzt werden, um das Geschäftsmodell, die Standorte bzw. Lieferketten widerstands- oder anpassungsfähig zu machen. Abschließend werden Lücken und Handlungsbedarfe aufgezeigt.

Teilweise lassen sich Klimarisikoanalysen mithilfe von Software auf Knopfdruck erstellen, was jedoch meist nur einzelne Aspekte abdeckt. Individuelle Bewertungen hingegen berücksichtigen bestehende Maßnahmen und die Machbarkeit notwendiger Anpassungen.

Welche Rolle spielt die Klimarisikoanalyse in der strategischen Unternehmensentwicklung und wie kann sie zur Stärkung der Resilienz beitragen?

Teilweise werden Klimarisikoanalysen noch als Pflicht für regulatorische Anforderungen wie die EU-Taxonomie bzw. CSRD-konforme Nachhaltigkeitsberichte gesehen oder als Thema, das weit in der Zukunft liegt und keine unmittelbare Relevanz hat. Klimarisikoanalysen entwickeln sich jedoch zunehmend zu einem strategischen Steuerungsinstrument, weil sie zeigen, wo Geschäftsmodelle, Standorte oder Lieferketten verwundbar sind.

Darauf aufbauend lassen sich gezielt Maßnahmen ableiten, zum Beispiel Investitionen in resilientere Gebäude oder Prozesse, Anpassungen in Abläufen oder neue Partnerschaften. Gleichzeitig eröffnen sich Chancen: Unternehmen können durch frühzeitige Identifikation von Risiken etwa teure Reparaturen oder Ausfälle vermeiden, Abläufe effizienter gestalten oder innovative Produkte entwickeln. Somit unterstützt eine Klimarisikoanalyse die strategische Planung und trägt dazu bei, Unternehmen langfristig zukunftsfähiger aufzustellen.

Wie können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Klimarisikoanalyse nicht nur eine einmalige Übung bleibt, sondern kontinuierlich weiterentwickelt wird?

Durch die vorherigen Antworten habe ich versucht, die Bedeutung der Klimarisikoanalyse für die Unternehmensstrategie aufzuzeigen. Wichtig ist, die Ergebnisse nicht isoliert zu betrachten, sondern sie in bestehende Unternehmensprozesse zu verankern. Das bedeutet zum Beispiel, die Analyse regelmäßig zu aktualisieren, im Austausch mit Fachbereichen, und Ergebnisse in das regelmäßige Risikomanagement, die Strategieplanung und Investitionsentscheidungen einzubinden – und vor allem Verantwortlichkeiten klar zuzuordnen.

Aus meiner Erfahrung ist es so: Wenn Unternehmen beim ersten Durchlauf Schwachstellen erkennen und Handlungsfelder priorisieren, ergibt es sich von selbst, die Klimarisikoanalyse regelmäßig zu wiederholen. So steigt die Resilienz gegenüber klimabedingten Risiken Schritt für Schritt, und gleichzeitig können Unternehmen neue Chancen erkennen und langfristig davon profitieren.

Weitere Beiträge

Kommunikation & Marke
Headerbild für den Wissensbibliothek-Artikel "EmpCo & Green Claims Directive"
#Wissen

EmpCo & Green Claims Directive

Durch die EmpCo gelten ab September 2026 strengere Vorgaben für die Kommunikation von Nachhaltigkeit, die Transparenz einfordern und Greenwashing konsequent einschränken. Erfahren Sie, was sich ändert, wie sich die EmpCo von der Green Claims Directive unterscheidet und warum Unternehmen, die es ernst meinen, jetzt die Chance haben, sich glaubwürdig zu positionieren.
Weiterlesen
Nachhaltigkeitsstrategie
Headerbild für den Wissensbibliothek-Artikel "Checkliste: Durchführung einer Klimarisikoanalyse"
#Wissen

Checkliste: Durchführung einer Klimarisikoanalyse

Möchten Sie die Klimarisikoanalyse Ihres Unternehmen vorbereiten? Unsere praxisnahe Checkliste unterstützt Sie dabei, zentrale Grundlagen zu strukturieren – von Verantwortlichkeiten über die Auswahl relevanter Klimaszenarien bis hin zur Einordnung der Ergebnisse.
Weiterlesen
Nachhaltigkeitsstrategie
#Impuls

The most painful state of being is remembering the future…

– S. Kierkegaard
Nachhaltigkeitsstrategie
Headerbild für den Wissensbibliothek-Artikel "Wie Unternehmen ihre Klimarisiken analysieren und Resilienzen bewerten können"
#Wissen

Wie Unternehmen ihre Klimarisiken analysieren und Resilienzen bewerten können

Wer die TCFD-Methodik versteht und anwendet, kann Klimarisiken frühzeitig erkennen, regulatorische Anforderungen erfüllen und strategische Entscheidungen auf einer belastbaren Datenbasis treffen. Der Blog zeigt, wie das konkret gelingt – Schritt für Schritt von der Szenarioanalyse bis zur Resilienzbewertung.
Weiterlesen
Klimastrategie & Bilanzierung
Headerbild für den Wissensbibliothek-Artikel zu ETS II
#Wissen

ETS II: Verschiebung auf 2028?

Der Start des europäischen Emissionshandelssystems ETS II wird wohl auf 2028 verschoben. Doch die CO₂-Bepreisung bleibt ein zentraler Hebel der Klimapolitik. Was bedeutet das für Unternehmen in Deutschland und welche Schritte sind jetzt sinnvoll? Unser Blogbeitrag fasst die aktuelle Lage zusammen und zeigt, wie Sie strategisch vorbereitet bleiben.
Weiterlesen
Nachhaltigkeitsstrategie
20.11.25 | 11:30 Uhr
#Event

Webinar: „Von Risiko zu Resilienz: Klimarisikoanalyse in der Praxis“

Erfahren Sie, wie eine Klimarisikoanalyse aufgebaut ist, welche Chancen sich daraus ergeben und welche Optionen sich anbieten, um eine Klimarisikoanalyse umzusetzen.
Jetzt anmelden
Nachhaltigkeitsstrategie
Headerbild für den Wissensbibliothek-Artikel "Chancen- und Risikoanalyse – Risiken erkennen, Chancen nutzen, Kosten vermeiden"
#Wissen

Chancen- & Risikoanalyse – Risiken erkennen, Chancen nutzen

Die Chancen- und Risikoanalyse hilft, potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen, deren Auswirkungen einzuschätzen und gleichzeitig Chancen systematisch zu identifizieren. Erfahren Sie, was eine Chancen- und Risikoanalyse ist, warum die Klimarisikoanalyse ein wichtiger Teil davon ist und welche Vorteile sie birgt.
Weiterlesen
Nachhaltigkeitsberichterstattung
08.10.25 | 11:30 Uhr
#Event

Webinar: „Nachhaltigkeitsratings verstehen – Ein Überblick“

In unserem Webinar lernen Sie die Bewertungslogik kennen und erfahren, wie wir Sie bei Vorbereitung, Umsetzung und Optimierung unterstützen – und darüber hinaus nachhaltigen Impact für sich schaffen.
Jetzt anmelden
Nachhaltigkeitsstrategie
30.09.25 | 9:30 Uhr
#Event

Webinar: „Nachhaltigkeit kompakt: Der praxisnahe Einstieg für KMUs“

Unser kompakter Praxis-Workshop zeigt Ihnen, wie Sie ESG-Themen strukturiert betrachten und sofort mit den ersten Schritten starten können. Im Unterschied zu kostenlosen Webinaren erwartet Sie ein interaktives Format mit direkter Anwendung auf Ihr Unternehmen. 


Jetzt anmelden