„Klimarisikoanalysen entwickeln sich jedoch zunehmend zu einem strategischen Steuerungsinstrument, weil sie zeigen, wo Geschäftsmodelle, Standorte oder Lieferketten verwundbar sind.“
Im Rahmen unseres Fokusmonats „Chancen durch Klimarisikoanalyse“ haben wir mit Sibylle Zavala gesprochen. Sie und ihr Team begleiten Unternehmen dabei, Klimarisiken systematisch zu erfassen, zu bewerten und in strategische Entscheidungen zu überführen – mit dem Ziel, Resilienz aufzubauen und Zukunftsfähigkeit zu sichern.
Im Interview erklärt sie, worauf es bei der Klimarisikoanalyse wirklich ankommt, welche Herausforderungen Unternehmen dabei typischerweise begegnen und wie sich Chancen und Risiken nicht nur identifizieren, sondern auch strategisch nutzen lassen.
Eine der größten Herausforderungen ist, dass viele Unternehmen zwar Klimarisiken wichtig finden, aber nicht genau wissen, wie sie praktisch starten sollen. Es fehlt weniger am Willen, sondern an konkreten Einstiegspunkten, Verantwortlichkeiten und praxistauglichen Methoden.
Gleichzeitig sind Datengrundlagen sowie Zeit knapp, und regulatorische Anforderungen wie die CSRD wirken komplex und abstrakt. Hinzu kommt, dass Klimarisiken oft nicht als klassische Unternehmensrisiken wahrgenommen werden und deshalb selten in bestehende Risikomanagement- oder Entscheidungsprozesse integriert sind.
Und schließlich gibt es die kommunikative Hürde: Häufig fehlt eine klare Übersetzung der Analyseergebnisse in die Unternehmenssprache – also in Form von konkreten Auswirkungen auf Standorte und Prozesse. Ohne diesen Bezug zum unternehmerischen Alltag bleibt das Thema theoretisch und findet intern wenig Anknüpfung.
Um physische und transitorische Klimarisiken konkret zu identifizieren und zu bewerten, empfehle ich eine strukturierte Vorgehensweise – etwa anhand der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD)-Methodik oder der ISO-Normen 14090 und 14091.
Physische Risiken entstehen durch direkte Klimafolgen wie Hitze, Starkregen oder Stürme; transitorische durch politische, wirtschaftliche und technologische Veränderungen – zum Beispiel neue Regulierungen, CO₂-Bepreisung oder veränderte Kaufentscheidungen der Kunden.
In der Praxis hat sich ein schrittweises Vorgehen bewährt: Zuerst qualitative Einschätzungen mit Fachbereichen, dann Bewertung nach Eintrittswahrscheinlichkeit und möglichem Schaden.
Im Rahmen der Szenarioanalyse werden verschiedene Zukunftsszenarien durchgespielt, um je nach klimatischen Bedingungen relevante Risiken zu erkennen. Darauf aufbauend wird die Resilienz geprüft, d. h., es werden alle Maßnahmen gesammelt, die bereits umgesetzt werden, um das Geschäftsmodell, die Standorte bzw. Lieferketten widerstands- oder anpassungsfähig zu machen. Abschließend werden Lücken und Handlungsbedarfe aufgezeigt.
Teilweise lassen sich Klimarisikoanalysen mithilfe von Software auf Knopfdruck erstellen, was jedoch meist nur einzelne Aspekte abdeckt. Individuelle Bewertungen hingegen berücksichtigen bestehende Maßnahmen und die Machbarkeit notwendiger Anpassungen.
Teilweise werden Klimarisikoanalysen noch als Pflicht für regulatorische Anforderungen wie die EU-Taxonomie bzw. CSRD-konforme Nachhaltigkeitsberichte gesehen oder als Thema, das weit in der Zukunft liegt und keine unmittelbare Relevanz hat. Klimarisikoanalysen entwickeln sich jedoch zunehmend zu einem strategischen Steuerungsinstrument, weil sie zeigen, wo Geschäftsmodelle, Standorte oder Lieferketten verwundbar sind.
Darauf aufbauend lassen sich gezielt Maßnahmen ableiten, zum Beispiel Investitionen in resilientere Gebäude oder Prozesse, Anpassungen in Abläufen oder neue Partnerschaften. Gleichzeitig eröffnen sich Chancen: Unternehmen können durch frühzeitige Identifikation von Risiken etwa teure Reparaturen oder Ausfälle vermeiden, Abläufe effizienter gestalten oder innovative Produkte entwickeln. Somit unterstützt eine Klimarisikoanalyse die strategische Planung und trägt dazu bei, Unternehmen langfristig zukunftsfähiger aufzustellen.
Durch die vorherigen Antworten habe ich versucht, die Bedeutung der Klimarisikoanalyse für die Unternehmensstrategie aufzuzeigen. Wichtig ist, die Ergebnisse nicht isoliert zu betrachten, sondern sie in bestehende Unternehmensprozesse zu verankern. Das bedeutet zum Beispiel, die Analyse regelmäßig zu aktualisieren, im Austausch mit Fachbereichen, und Ergebnisse in das regelmäßige Risikomanagement, die Strategieplanung und Investitionsentscheidungen einzubinden – und vor allem Verantwortlichkeiten klar zuzuordnen.
Aus meiner Erfahrung ist es so: Wenn Unternehmen beim ersten Durchlauf Schwachstellen erkennen und Handlungsfelder priorisieren, ergibt es sich von selbst, die Klimarisikoanalyse regelmäßig zu wiederholen. So steigt die Resilienz gegenüber klimabedingten Risiken Schritt für Schritt, und gleichzeitig können Unternehmen neue Chancen erkennen und langfristig davon profitieren.
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