Was Unternehmen jetzt über die geplanten Anpassungen wissen sollten
Das EU-Parlament hat am 22. Oktober 2025 das vom Rechtsausschuss (JURI) vorgeschlagene Verhandlungsmandat zum sogenannten „Omnibus“-Paket abgelehnt. Damit gibt es derzeit keine offizielle Parlamentsposition gegenüber Rat und Kommission – die geplanten Trilogverhandlungen sind vorerst gestoppt. Der Omnibus-Vorschlag zielte ursprünglich darauf ab, die Pflichten aus der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und der CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) zu vereinfachen und den Anwendungsbereich zu reduzieren – unter anderem durch deutlich höhere Schwellenwerte (1.000 Mitarbeitende und 450 Mio. € Umsatz für CSRD; 5.000 Mitarbeitende und 1,5 Mrd. € Umsatz für CSDDD) sowie Entlastungen für KMU.
Als nächster Schritt ist nun eine neue Abstimmung im Plenum am 13. November 2025 vorgesehen. Erst danach kann eine überarbeitete Parlamentsposition verabschiedet und der Weg für neue Trilogverhandlungen freigemacht werden. Bis dahin bleibt die rechtliche Unsicherheit für Unternehmen bestehen. Die aktuell geltenden Vorgaben aus CSRD und CSDDD behalten ihre volle Gültigkeit. Für die Praxis bedeutet das: Unternehmen sollten weiterhin nach den bestehenden Nachhaltigkeitsrichtlinien planen und berichten, zugleich jedoch die Entwicklungen im November aufmerksam verfolgen.
Die Diskussion um die Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichtspflichten begann Anfang 2025. Am 26. Februar 2025 stellte die EU-Kommission einen neuen Entwurf der sogenannten Omnibus-Verordnung vor. Ziel war es, den administrativen Aufwand für Unternehmen zu verringern, die Umsetzung der CSRD- und CSDDD-Vorgaben zu erleichtern und ihnen mehr Zeit für die Einhaltung der Vorschriften zu geben.
Bereits am 3. April 2025 stimmte das Europäische Parlament über Teile des Entwurfs ab, was zu einer weiteren Verzögerung der Meldepflichten führte. Die geplanten Änderungen betrafen unter anderem die Nachhaltigkeitsberichtspflichten, die Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), den CO₂-Grenzausgleich (CBAM) und die EU-Taxonomie. Ziel war es, insbesondere für Unternehmen in der ersten und zweiten Berichtsphase Erleichterungen bei der Berichterstattung zu schaffen, ohne die Kernanforderungen der EU-Nachhaltigkeitsregeln zu ändern.
Mit dieser Vorlage startete der Omnibus-Prozess, der in den folgenden Monaten weiterentwickelt und diskutiert wurde und bis heute die Grundlage für die aktuellen Anpassungen bildet.
In den vergangenen Monaten wurden im Rahmen des EU-Omnibus-Vorschlags sowie der neuen Nachhaltigkeitsregelungen bereits mehrere Maßnahmen beschlossen oder vorbereitet, die Unternehmen spürbare Erleichterungen bringen sollen:
CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism): Die Omnibus-Änderungen zum CBAM traten am 20. Oktober 2025 in Kraft. Wesentliche Neuerungen sind:
Einführung einer Mindestschwelle von 50 Tonnen pro Jahr und Materialgruppe, wodurch kleinere Importeure deutlich entlastet werden.
Verschiebung des ersten verpflichtenden CBAM-Berichts auf September 2027 (für das Berichtsjahr 2026).
Diese Änderungen reduzieren den administrativen Aufwand erheblich und verlängern die Übergangsphase.
CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive): Auch für die CSDDD sieht der Omnibus-Vorschlag zeitliche Anpassungen und inhaltliche Einschränkungen vor:
Doppelte Wesentlichkeitsanalyse: Die doppelte Wesentlichkeit bleibt Bestandteil des CSRD- und ESRS-Regimes, das heißt Unternehmen müssen weiterhin sowohl den Einfluss von Nachhaltigkeitsthemen auf ihr Geschäft (inside-out) als auch den Einfluss ihres Geschäfts auf Umwelt und Gesellschaft (outside-in) berücksichtigen.
Erleichterte Berichterstattung: Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) wurden im Sommer 2025 von der EFRAG überarbeitet und in Form neuer Entwürfe veröffentlicht. Ziel war es, die Anforderungen zu vereinfachen und den Umfang der Offenlegungspflichten deutlich zu reduzieren. Die öffentlichen Konsultationen sind inzwischen abgeschlossen, und die finalen Anpassungen werden derzeit von der Europäischen Kommission geprüft, bevor sie voraussichtlich Anfang 2026 in Kraft treten sollen.
ESEF-Berichtspflicht: Die Verpflichtung zur ESEF-Berichterstattung (European Single Electronic Format) wurde im Rahmen des Omnibus-Pakets vorläufig ausgesetzt bzw. verschoben. Die endgültige Entscheidung hängt von der Plenarabstimmung des EU-Parlaments am 13. November 2025 ab.
EU-Taxonomie: Die aktuellen Anpassungen betreffen:
Die Prüfung durch Parlament und Rat läuft derzeit noch. Die Scrutiny-Phase wurde bis Januar 2026 verlängert. Erst danach werden die finalen Regeln veröffentlicht.
Quick-Fix für Wave-1-Unternehmen: Für Unternehmen, die bereits heute zur Berichterstattung verpflichtet sind (Wave 1), sollen die Pflichten für 2025 und 2026 spürbar reduziert werden. Der Quick-Fix sieht vor, dass bestimmte Berichtspflichten ausgesetzt oder gemildert werden, sodass der Aufwand in diesen Jahren deutlich geringer ausfallen kann.
Stop-the-Clock für Wave-2-Unternehmen: Die Omnibus-Maßnahme sieht vor, dass Unternehmen der zweiten Welle ihren Einstieg in die CSRD-Berichtspflicht um zwei Jahre verschieben können: Anstatt bereits ab 2026 berichten zu müssen, würden sie erstmals für das Geschäftsjahr 2027 berichten — also ab 2028. Dadurch gewinnen betroffene Unternehmen zusätzliche Zeit für Datenaufbau, Prozesse und Systemintegration.
Was noch zu entscheiden ist:
Die Schwellenwerte für die CSRD-Berichtspflicht (Mitarbeitendenzahl und Umsatz) sind weiterhin nicht final festgelegt.
Gleiches gilt für die CSDDD-Schwellenwerte und die endgültige Ausgestaltung der EU-Taxonomie, einschließlich Reporting-Templates und Materialitätsschwellen.
Eine neue Abstimmung im EU-Parlament ist für den 13. November 2025 angesetzt. Erst danach können die Trilogverhandlungen zwischen Kommission, Rat und Parlament beginnen.
In den kommenden Monaten entscheidet sich, wie schnell und in welchem Umfang die neuen EU-Regelungen umgesetzt werden. Unternehmen sollten diese Phase aktiv nutzen, um sich optimal vorzubereiten. Ein erster wichtiger Schritt ist es, das regulatorische Geschehen genau im Blick zu behalten – insbesondere die Plenarabstimmung des EU-Parlaments am 13. November 2025 sowie die anschließenden Trilogverhandlungen. Diese Termine werden entscheidend dafür sein, wann die neuen Vorgaben tatsächlich in Kraft treten.
Darauf aufbauend lohnt es sich, unterschiedliche Szenarien zu entwickeln: einen Minimalplan für den Fall, dass sich die Einführung erneut verzögert, und einen umfassenden Umsetzungsplan, falls die Regulierung zügig beschlossen wird. So bleibt das Unternehmen in beiden Fällen handlungsfähig und kann flexibel reagieren.
Ebenso zentral ist eine sorgfältige Gap-Analyse. Dabei geht es darum, bestehende Daten, Prozesse und Systeme kritisch zu überprüfen und gezielt jene Lücken zu schließen, die für ein künftiges Nachhaltigkeitsreporting relevant sind. Wer frühzeitig erkennt, wo Nachholbedarf besteht, kann Anpassungen effizient umsetzen und ist bestens gerüstet, wenn die neuen Pflichten verbindlich werden.
„Auch wenn die Omnibus-Vorschläge weiterhin in der Schwebe sind, lohnt es sich, Strukturen für nachhaltiges Reporting aufzubauen und zu vertiefen. Es geht um viel mehr als nur einen Bericht: Wer frühzeitig Daten zu Klima-, Sozial- und Governance-Aspekten sammelt, kann fundierte Entscheidungen in der aktuell sehr bewegten Wirtschaftslage treffen, Prozesse optimieren und sich zugleich auf die endgültigen CSRD-Anforderungen vorbereiten.“
– Sibylle Zavala, Clusterlead Nachhaltigkeit
Der EU-Omnibus-Vorschlag markiert einen entscheidenden Wendepunkt in der Weiterentwicklung der europäischen Nachhaltigkeitsregulierung. Auch wenn die Ablehnung des aktuellen Mandats durch das EU-Parlament zunächst für Unsicherheit sorgt, zeigt sich deutlich: Die Diskussion um eine praxisgerechtere und zugleich ambitionierte Ausgestaltung von CSRD und CSDDD ist in vollem Gange. Unternehmen sollten diese Zwischenphase aktiv nutzen, um sich strategisch auf verschiedene Szenarien vorzubereiten und ihre internen Strukturen weiter zu stärken.
Die kommenden Wochen, insbesondere die Abstimmung am 13. November 2025, werden richtungsweisend sein. Bis dahin gilt es, aufmerksam zu beobachten, flexibel zu planen und bestehende Daten- und Prozesslücken gezielt zu schließen. Wer jetzt handelt, schafft die Grundlage, um künftige Anforderungen effizient umzusetzen und sich langfristig als verlässlicher und transparenter Akteur in einem zunehmend nachhaltigkeitsorientierten Marktumfeld zu positionieren.
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